Spannungen im Kosovo: Serbien rügt deutsche "Absurdität" beim Thema UN-Sicherheitsratsresolutionen
Die Beziehungen zwischen Serbien und Deutschland gelten eigentlich als gut, vor allem die Wirtschaftsbeziehungen florieren seit Jahren. Doch in den vergangenen Monaten kommen immer deutlichere Aufforderungen aus Berlin an Belgrad, die sogenannte Frage des Kosovo endlich anzugehen. Stets wird dabei darauf verwiesen, dass eine "Normalisierung der Beziehungen" zwischen Belgrad und Pristina unter Vermittlung der Europäischen Union das Ziel sei. Auch für eine angestrebte Mitgliedschaft Serbiens in der Staatengemeinschaft wird dies als Voraussetzung angeführt.
In Belgrad wurde die zuletzt sehr aktive Rolle Berlins auf dem Westbalkan als Hinweis und Druck verstanden, dass man das Problem Kosovo demnächst im Westen vom Tisch haben will. Serbien ist sich bewusst, dass die 2008 einseitig ausgerufene Unabhängigkeit der abtrünnigen serbischen Provinz anerkannt werden soll. Die zuletzt immer häufigeren Aussagen aus Berlin zum Thema Kosovo sorgen deshalb für Aufhorchen – wie auch die jüngste von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin hatte etwa den Plan Belgrads, die Entsendung serbischer Truppen ins Kosovo zu beantragen, als "völlig inakzeptable" Provokation zurückgewiesen.
Die ethnischen Spannungen hatten in den vergangenen Monaten in der abtrünnigen Region stets zugenommen. Am Wochenende drohte eine weitere Eskalationsstufe: Die Serben hatten im nördlichen Teil wegen der Verhaftung eines ethnischen Serben Barrikaden errichtet. Mehrere Grenzübergänge zu Serbien wurden geschlossen. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić kündigte angesichts der von Kosovo-Albanern durchgeführten Razzien gegen die serbische Bevölkerung an, bei der Kosovo-Schutztruppe KFOR die Verlegung von bis zu 1.000 serbischen Soldaten und Polizisten ins Kosovo zu beantragen.
Baerbock bezeichnete die Äußerungen Belgrads als Provokation, während sie gleichzeitig Pristina dafür lobte, dass es angeblich sein Bestes getan habe, um die Spannungen zu entschärfen. "Die jüngste Rhetorik aus Serbien hat das Gegenteil bewirkt. Der Vorschlag, serbische Streitkräfte in den Kosovo zu schicken, ist völlig inakzeptabel", schrieb sie in einer Nachricht auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Die Aussagen der deutschen Außenministerin bezüglich der Geschehnisse am Wochenende sorgten in Belgrad unmittelbar für eine Reaktion. Die serbische Premierministerin Ana Brnabić schrieb am Sonntagabend auf Twitter:
"Nach welchen Kriterien entscheiden Sie im Hinblick auf das Völkerrecht und die Stabilität, welche UN-Sicherheitsratsresolutionen respektiert und welche ignoriert werden müssen – z. B. im Fall von Libyen muss die UN-Sicherheitsratsresolution 2571 respektiert werden, aber im Fall von Serbien muss die Resolution 1244 ignoriert werrden? Ein erstaunliches Maß an Absurdität."
Gemäß der angeführten UN-Resolution 1244, so Brnabić, habe Serbien das Recht, in bestimmten Situationen Militär- und Polizeikräfte ins Kosovo zu entsenden, u. a. wenn das "friedliche und normale Leben" seiner Bevölkerung dort bedroht ist.
Die serbische Premierministerin verwies darauf, dass die Wichtigkeit der Einhaltung der entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates bei der Lösung "jedes einzelnen Problems" auch beim G7-Außenministertreffen im Mai betont worden sei. Und doch sage Deutschland nun, wenn es um Serbien gehe, "ausdrücklich, dass die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates ignoriert werden sollte", so Brnabić.
Die Verantwortlichen in Belgrad hatten am Wochenende der EU und anderen Unterstützern der Politik in Pristina vorgeworfen, die Belange der örtlichen Serben zu missachten und ihnen nur "Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie auf den Barrikaden sind". Vučić forderte die Serben im Nordkosovo auf, "ruhig und friedlich zu sein und nicht auf Provokationen hereinzufallen" und insbesondere von aggressiven Aktionen gegen EULEX und KFOR, die im Kosovo stationierten EU- und NATO-geführten Missionen, abzusehen.
Die politische Eskalation zwischen Belgrad und Pristina wurde seit Amtsantritt von Albin Kurti als Premierminister von Kosovo immer intensiver. Der albanisch-stämmige Politiker drängt mithilfe seiner westlichen Unterstützer endlich auf eine Anerkennung der Staatlichkeit der abtrünnigen Provinz durch Serbien. Doch Unterstützung in der Bevölkerung für diesen Schritt hat die Politik in Belgrad nicht. Die Vertreter Serbiens verweisen zudem stets auf das Brüsseler Abkommen aus dem Jahr 2013. In dem habe sich Belgrad einerseits auf Verhandlungen mit Pristina und Zugeständnisse eingelassen, doch hierfür sollte Pristina unter anderem den Aufbau des "Verbands serbischer Gemeinden" im Kosovo durchführen. Damit sollen die Rechte der serbischen Bevölkerung im mehrheitlich von Albanern bewohnten Kosovo gestärkt werden. Doch Kurti lehnt dies bislang ab. Und Belgrad verweigert die Anerkennung der Unabhängigkeit.
Mehr zum Thema - "Deutsche Geopolitik" auf dem Balkan: Serbien und Kosovo wie BRD und DDR?
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.